Vita

Biographie

1949
Geboren in Beuthen

1969 – 73
Studium der freien Malerei in Warschau, Akademie der schönen Künste

1982 – 83
Grafikausbildung – Grafikatelier Orvelte/ Holland

1984 – 87
Studium im Fach Erwachsenenweiterbildung, Bereich Kunst, Universität Bremen

1992 – 96
Studienaufenthalt: Atelier Civitella / Italien

2006 – 2007
Studienaufenthalt Teneriffa

2008
Eröffnung der Galerie Lichtblick in Grasberg
Kunstverein Osterholz ( E )

Seit 2011
Gründungsmitglied und Vorsitzende des Neuen Worpsweder Kunstvereins nwwk

Auszeichnungen

1994 Förderpreis des Landkreises Osterholz
1998 Kunstpreis des Landkreises Osterholz
2007 Dr. B. Kaufmann Preis, Worpswede
2007 Kulturpreis der Volksbank e.G. Osterholz-Scharmbeck

Arbeiten in öffentlichem Besitz

Graphothek des Landkreises Osterholz
Graphothek Bremen

Stimmen zu meiner Arbeit

Prof. Dr. Hans-Joachim Manske: Über die Künstlerin

Die Werke der letzten 3 Jahre sind durch ein komplexes Verhältnis von zeichnerischen und malerischen Elementen und von einer veränderten bildsprachlichen Dynamik bestimmt, die sich in den gegensätzlichen Neigungen zu freier Improvisation und einem entschiedenen Bildaufbau ausdrückt. Der Prozess der Formfindung wird ebenso wichtig wie die Form selber, die vor allem als entstehende charakterisiert werden.

Die einzelnen Felder wirken wie mit Leinwand umspannte Flächenobjekte, auf die bemalte Baumwollteile und Reste anderer Textilen geklebt sind. Eine gleichmäßige Grundstruktur und ein mehrschichtiges, flächiges und plastisches Vorgehen stellen die konzeptionelle Ausgangsposition dar. Aber das Konstruktive und das Regelhafte sind nur als Dispositiv oder als Grundakkord für das spontane und intuitive Wachsen der Formen und das Erzeugen vielfältiger zu verstehen.

Der bewusst statisch angelegte Bildaufbau zwingt die Betrachterinnen und die Betrachter, sich zu bewegen, wobei es gleichgültig ist, an welcher Stelle sie in die Bilderwelt eindringen. Das Auge kann bei einzelnen Kompositionen verweilen, aber es wird ihm nicht gelingen, das Teil für das Ganze zu nehmen. Überall befinden sich bestimmt gesetzte Richtungsverweise, die die einzelnen Felder übergreifen und die ein differenziertes Netz von Korrespondenzen bilden. Das Auge kann sich auf vorgegebene oder suggerierte Bewegungen einlassen, aber es wird nicht gezwungen, einen bestimmten Weg zu verfolgen. So stehen verwandte bogenförmige und ellipsoide Motive, diagonal und parallel geführte Linienzüge, kräftige Farbfelder sowie gestisch aufgelöste und formbestimmende Einzelheiten in keinem mathematisch definierbaren Verhältnis zueinander. Die ästhetische Struktur setz auf Reize, die unterschiedliche Reaktionen auslösen, aber nicht auf ein System. Die Figurationen sind teilweise bestimmbar, aber sie entziehen sich zugleich einer festen Begrifflichkeit.

Ursula Barwitzki folgt beim Malen inneren Prozessen, die zu einem permanenten bildschöpferischen Akt verwandelt werden. Mit einem Pinsel umkreist sie Formen, die zunächst nicht eindeutig festgelegt sind. In diesem Stadium versucht sie, die aus dem Inneren kommenden Impulse und die äußere Bewegung der Hand gleichsam zu verschmelzen. Das spontan entstandene bildet immer neue energetische Felder und bildnerische Verweise, auf die laufen reagiert werden muss. In den Wechselspiel zwischen Zufall und Kontrolle entwickelt sich die innerbildliche Ordnung, überraschende Figurationen und ein offenes Zeichensystem. Der Arbeitsvorgang ist nicht nur ein ästhetisches Handeln, sondern dient auch der Freilegung innerer geistiger und emotionaler Vorgänge, die sich als ein bewusstes Erinnern vollzieht. „Wenn ich die inneren Bewegungsvorgänge kläre, benutze ich Linien, Formen und Farben, die zur Erinnerung dienen. Um die Gegenwart verstehen zu können, muss ich mich erinnern können, denn sie zeigt mir ein neues, ein mir fremdes Erscheinungsbild“.

Ursula Barwitzkis ist streng und locker, hintergründig und heiter, klar und voller widersprüchlicher Assoziationen. Bildformate werden mit Vorliebe in einzelne Felder unterteilt, die durch ihre Umrisse und Hell-Dunkel-Kontraste eine äußerst virulente Dramaturgie ergeben. Diese programmatische Komposition wiederholt sich in der Binnenzeichnung, erfährt aber eine vielschichtigere Ausarbeitung. Das Verhältnis von Figuration und Grund wird entweder scharf betont oder „schwebend“ ausgeglichen. Die Künstlerin liebt ein dialektisches „Bild-im-Bild-Prinzip“, das sie energetisch stark auflädt, um spannungsreiche Simultan-Effekte zu erreichen. In dieser Konzeption wirken Formbezüge niemals konstruiert oder gequält, sondern immer selbstverständlich. Leere Flächen können auf diese Weise ebenso erregend wie gestaltete Flächen sein.

In Ursula Barwitzkis „Virtuelle Bildwelten“ ist alles miteinander verschoben, aber es existieren keine Hierarchien. Die Farbe füllt nie nur eine Form aus, wie umgekehrt eine Linie kein Eigenleben gegenüber der Farbe entwickelt. Die Durchdringung konträrer Bildelemente und ihr unauflösbares Beziehungsgeflecht verhindern, dass sich einzelne Bereiche in der Wahrnehmung isolieren. Da jede Linie zugleich gegenstandsbezogen und bildorganisierend eingesetzt ist, erhalten alle abstrakten und figürlichen Elemente einen Doppelcharakter, in dem Form und Inhaltuntrennbar miteinander verbunden ist. Eindeutiges und Erkennbares ist immer zugleich vieldeutig und doppelbödig. Viele Bilder stecken voller Geschichten und Kommentaren, die offenbar sehr persönliche Gedanken und Gefühle widerspiegeln. Doch wirklich greifbar und „begreifbar2 sind die Inhalte und die Bedeutung nicht. Es sind Andeutungen die keiner sprachlichen Logik, sondern einer Ambivalenz folgen, die dem Medium der visuellen Darstellung eigen ist. Ein besonderes Reizklima entsteht, weil zahlreiche Motive und Piktogramme unmittelbar verständlich erscheinen. Diese „Einstiegshilfen“ erweisen sich aber als Lockmittel in ein Labyrinth der „Irrungen und Wirrungen“, indem der Faden der Ariadne nur mit Hilfe bildnerischer Phantasie und nicht mit Hilfe logischer Schlüsse gefunden werden kann.

Die Kunst Ursula Barwitzkis ist aktuell, weil sie die Bedingungen ihrer eigenen Praxis reflektiert. Der Künstlerin geht es nicht um eine Malerei, die sich selbst genügt. Sie möchte den permanenten Prozess veranschaulichen, der in der Malerei entsteht. Ihre Konzeption, „Bilder im Bild“ zu demonstrieren, zeigt, dass für sie die alte Identität von Bildfeld und Blickfeld überwunden ist. Ihre mehrteiligen Tableaus besitzen, weder materiell noch immateriell, einen Rahmen. An seien Stelle tritt eine Dialektik von Begrenzung und Entgrenzung, die in den „Richtungsweisern“ programmatisch formuliert wurde. Die unterschiedlichen Sprachen der Abstraktion und der Figuration finden sich in diesen Bildern nebeneinander. Sie konkurrieren nicht und werden nicht künstlich „harmonisiert“, d.h. die Wechselvolle, konfliktreiche Geschichte dieser Darstellungsmodi im 20. Jahrhundert wird nicht weitergeführt. Sei werden in ein komplexes Wechselverhältnis gesetzt, das sie auf einer Basis der Gleichberechtigung in einem gemeinsamen, vablen Beziehungsfeld voneinander abhängig macht. So können sich auf dem Hintergrund erinnerter und bewahrter Spuren offene Strukturen der der Annäherung entwickeln.

Der zerbrochene Spiegel, eine Metapher für die Identitätskrise der Malerei am Ende des 20. Jahrhunderts, wird in der Kunsts Ursula Barwitzkis im wörtlichen und im symbolischen Sinn sichtbar. Das Zerbrochene wird aber nicht geflickt, nicht zu- oder übermalt, sondern wird zu einem Ausgangspunkt für die mutige Suche nach überzeugenden Alternativen. Ursula Barwitzki führt in einer Situation, in der die Malerei im Widerspruch zu sich selber steht, ihr neue Energie und Kräfte zu.

Dr. Hans-Joachim Manske / Kunsthistoriker

Cornelia Hagennah - Leidenschaft für zeitgenössische Kunst

Der Neue Worpsweder Kunstverein widmet sich der zeitgenössischen Kunst. Der Vorstand hat sich gut organisiert, wünscht sich aber zusätzliche Unterstützung.

Ursula Barwitzki ist eine der Gründerinnen des Neuen Worpsweder Kunstvereins. (Maximilian von Lachner)

Worpswede. Die Kunst hat in Worpswede Tradition. Museen und Galerien gibt es viele, Künstlerinnen und Künstler auch, aber lange Jahre vermisste man einen Kunstverein, der sich für die zeitgenössische Kunst einsetzte. Dann gab es gleich zwei auf einen Schlag. Mittlerweile kann der Neue Worpsweder Kunstverein – kurz  NWWK – nach sieben Jahren stolz auf seine erfolgreiche Ausstellungstätigkeit blicken.

Die Künstlerin Ursula Barwitzki gehörte zu den Gründungsmitgliedern. Sie war einst ein wichtiger Motor bei der Entstehung des Kunstvereins und ist immer noch mit Begeisterung an dem Geschehen des Vereins beteiligt. „Wir sind ein gut eingespieltes Team von zehn Leuten, vier im Vorstand und sechs im Beirat“, sagt Ursula Barwitzki und ergänzt, dass es mindestens so viele sein müssten, damit die privaten Termine nicht darunter leiden.

Stressig sei das Engagement für die Kunst dennoch nicht, denn, so Barwitzki, das Team plant die Ausstellungen rechtzeitig und verteilt anfallende Aufgaben auf mehrere Schultern. „Das hat sich bewährt“, sagt sie und zeigt auf den Flyer für das Jahr 2019. Demnächst werden die Bewerbungen von Künstlern für das Jahr 2021 ausgewertet und die Planungen für das nächste Jahr konkretisiert. „Wir planen immer zwei Jahre im Voraus“, beschreibt die Frau der ersten Stunde das organisatorische Prozedere im Verein. Sich für die zeitgenössische Kunst einzusetzen, ist ihr nach wie vor ein besonderes Anliegen.

Während die Ausstellungen – jeweils vier sind es immer in einem Jahr – im Village in der Bergstraße auf gut 200 Quadratmetern über zwei Etagen gezeigt werden, finden die Vorbereitungen und Treffen oft bei Ursula Barwitzki im Atelier statt. An ihrem langen Tisch haben alle zehn Leute Platz. Dafür räumt die Gastgeberin ihre eigenen Malutensilien beiseite. Zwischen Bücherregalen, Farbtöpfen und Leinwänden tagen dort die Vorstandsmitglieder und Beiräte. Dort sortieren sie Bewerbungen und planen. Es gelte der Mehrheitsentscheid bei der Auswahl der Künstler, allerdings müsse auch immer ein Spannungsbogen gesetzt sein, gerade wenn mehrere Künstler in einer Ausstellung zusammen ihre Arbeiten präsentieren.

Stellvertretend für den Vorstand erklärt Ursula Barwitzki die Ziele des Kunstvereins, der sich als Bindeglied zu den Museen und kommerziellen Galerien versteht. Er solle zeitgenössische Kunst fördern, ein Forum sein, Fragen aufwerfen und zum Denken anregen. „Kunst muss nicht gefällig sein“, meint sie und es freut sie besonders, mit einem Team zusammenzuarbeiten, das aus Künstlern, Kunsthistorikern und Kunstbegeisterten besteht. „Wir sind jetzt im achten Jahr und das Publikum wird immer mehr“, resümiert sie. Schon oft habe ihr jemand gesagt, dass ein Kunstverein lange in Worpswede gefehlt habe.

Doch die Auswahl der Künstler und die Planungen der Ausstellungen sind nur ein Teil der Aufgaben, die das Team stemmt. Barwitzki erklärt: „Wir haben eine Zuständigkeitsliste, da trägt sich jeder ein.” Und die Aufgaben sind vielfältig, jeder kann nach seinen Kompetenzen und Vorlieben agieren. Das Spektrum reicht von der Sponsorensuche, der Kontaktaufnahme mit den Künstlern und der Regelung der Finanzen bis hin zum Auf- und Abbau der Ausstellung. Aber auch Dinge wie der Weinausschank zur Vernissage, Pressearbeit, der Versand von Einladungen und die Klärung der Versicherungsangelegenheiten sind in der Liste aufgeführt. Es ist eine vielfältige Tätigkeit, und immer findet sich jemand, der Zeit hat, etwas zu übernehmen.

Seit der ersten Ausstellung im Jahr 2011 haben die Mitglieder aber mittlerweile Routine. Ursula Barwitzki ist überzeugt: „Wenn man das rechtzeitig plant, ist es nicht stressig, sonst macht das mürbe. Und da hätte ich keine Lust drauf.“

Konkurrenzgehabe unter den aktiven Mitgliedern, die selbst Künstler sind, gibt es nicht. Alles ist klar geregelt. Alle drei Jahre besteht die Chance, als Mitglied in einer Gruppenausstellung beteiligt zu sein. Da gerade die letzte Gruppenausstellung unter dem Titel „Sichtweisen III“ gelaufen ist, sagt Ursula Barwitzki scherzhaft: „Sichtweisen IV gibt es dann in circa drei Jahren.“ Neben Künstlern aus Worpswede oder jenen, die einst als Stipendiaten zwischenzeitig im Künstlerort ansässig waren, wurden vielfach Künstler aus der Region oder aus Bremen ausgewählt, aber auch internationale Künstler fanden eine Plattform, um ihr Werk zu präsentieren. Denn auch das ist den Aktiven des Kunstvereins wichtig: eine Brücke nach Bremen zu bauen, zur benachbarten Kunstszene, und auch noch etwas weiter über den Tellerrand zu schauen.

Auch wenn sich der Kunstverein mittlerweile regional wie überregional etabliert und seit seiner Gründung über 30 Ausstellungen mit 160 Künstlern gezeigt hat und die Bewerbungen für Ausstellungen immer zahlreicher werden, braucht der Verein weitere Unterstützer und Helfer. „Wir würden gerne mehr machen, aber wir kommen an unsere Grenzen“, schildert Ursula Barwitzki die Situation.

Sie fände es beispielsweise schön, in Zukunft auch etwas für Jugendliche anzubieten oder mehr Lesungen ins Programm zu nehmen. Die letzte Veranstaltung dieser Art sei schließlich gut angekommen. Aber mehr könne das Team kaum leisten. Derzeit hat der Kunstverein 50 Mitglieder. Ginge es nach Ursula Barwitzki, könnten es ruhig mehr sein. Denn sowohl finanzielle Hilfe als auch eine aktive Mitgliedschaft würden das Angebot vielfältiger machen.

Cornelia Hagennah

Brigitte Garde: Über Ursula Barwitzki

Ursula Barwitzki folgt in einem permanenten Bildfindungsprozess ihren inneren Impulsen und korrigiert das spontan Entstandene durch bewusste malerische Eingriffe. Die stark räumlichen, übereinander gelagerten Pinselstriche, Flecken, Kreise, Linien, Tropfspuren ziehen den Blick in die Tiefe des Bildes, initiieren ständig neue Sehbewegungen. Der Betrachter wird auf das physische Erleben der Farbe und den eigenen Seh-Akt selbst zurückgeworfen.
Sie sucht in ihrer Kunst nach den Polaritäten. Vom spannungsgeladenen Nebeneinander malerischer und zeichnerischer Elemente findet sie zur essentiellen Farbmalerei und entwickelt fast zugleich strenge Gitterbilder.
Das Experimentieren mit den Ausdrucksmöglichkeiten von Farbe, Linie, Fläche und Raum führt Ursula Barwitzki schließlich zu einer radikalen Reduzierung der bildnerischen Mittel auf ihr Wesentliches. Mit äußerster Konsequenz verfolgt sie eine konstruktive und essentielle Malerei, die erzählerische Elemente bewusst vermeidet. Die ikonographische Frage nach dem „Warum“ dieser künstlerischen Position lässt sich allein über das direkte visuelle Erleben der physischen Präsenz von Farbe, Linie, Fläche und Raum beantworten. Sie thematisiert damit die Struktur des Sehens selbst und fordert vom Betrachter visuelle Neugier, Zeit und Bereitschaft, sich auf neue Seherfahrungen einzulassen und diese zu reflektieren.

Brigitte Garde

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